Liebe Mandanten,
kein Thema beschäftigt die Menschen derzeit mehr als die „Corona-Krise“. Dass es auch „ein Leben nach Corona“ gibt, hat das Bundesministerium für Finanzen mit Schreiben vom 31. März 2020 zu § 35c EStG gezeigt. Dies möchten wir nachfolgend zum Anlass nehmen, um Ihnen zunächst den Inhalt des neuen § 35c EStG sowie im Anschluss die Ausführungen des BMF-Schreibens näher zu bringen.
Mit Zustimmung des Bundesrates am 20. Dezember 2019 wurde der § 35c zum 21. Dezember 2019 in das Einkommensteuergesetz eingefügt. Als Teil des Gesetzpakets zur Umsetzung des Klimaschutzprogramms 2030 im Steuerrecht hat die Bundesregierung mit § 35c EStG eine wichtige Regelung auf den Weg gebracht, um die Herausforderung der CO2-Reduktion bis 2030 anzugehen.
Allgemeines
Gemäß § 35c Absatz 1 EStG ermäßigt sich die Einkommensteuerschuld für sog. „energetische Maßnahmen“ bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilien, die innerhalb der EU/des EWR liegen. Im Kalenderjahr der Fertigstellung der Maßnahme und im darauffolgenden Jahr können jeweils 7% der Aufwendungen zur Durchführung der Maßnahme, höchstens jedoch EUR 14.000 als Steuerermäßigung in Abzug gebracht werden. Im darauffolgenden Jahr beträgt die Steuerermäßigung 6% der Aufwendungen, höchstens jedoch EUR 12.000.
Abweichend hiervon kann die tarifliche Einkommensteuer um 50% der Aufwendungen für die Inanspruchnahme eines Energieberaters (siehe unten) ermäßigt werden. In diesem Fall beträgt der Höchstbetrag der Steuerermäßigung EUR 40.000 je begünstigten Objekts.
Die Regelungen sind neben Gebäuden u.a. auch auf Eigentumswohnungen entsprechend anzuwenden.
Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Steuerermäßigung
Allgemein
Zunächst muss die begünstige Immobilie zu Beginn der energetischen Maßnahme älter als 10 Jahre sein. Mit der Durchführung der energetischen Maßnahme selbst muss nach dem
31. Dezember 2019 begonnen worden sein.
Ferner muss der Auftraggeber für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten haben, welche
- die förderungsfähigen energetischen Maßnahmen,
- die Arbeitsleistung des Fachunternehmens und
- die Adresse des begünstigten Objekts
ausweist.
Die Rechnung ist in deutscher Sprache auszustellen. Des Weiteren ist die Rechnung per Überweisung zu begleichen (Barzahlungen sind demnach nicht begünstigungsfähig).
35c EStG definiert die „energetischen Maßnahmen“ wie folgt:
- Wärmedämmung von Wänden
- Wärmedämmung von Dachflächen
- Wärmedämmung von Geschossdecken
- Erneuerung der Fenster oder Außentüren
- Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage
- Erneuerung der Heizungsanlage
- Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung
- Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind.
Als weitere Voraussetzung müssen die Aufwendungen dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteil anteilig oder direkt zugeordnet werden können.
Hat der Auftraggeber die Aufwendungen für die energetische Maßnahme bereits als Betriebsausgaben, Werbungskosten oder als Sonderausgabe geltend gemacht, kann eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG nicht mehr in Anspruch genommen werden. Auch bei in Anspruch genommenen Steuerermäßigungen für Handwerkerleistungen/haushaltsnahe Dienstleistungen oder bei öffentlich geförderten Maßnahmen, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse gewährt wurden (z.B. verbilligte Darlehen/Zuschüsse der KfW) , wird eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG grundsätzlich verwehrt.
Um die Steuerermäßigung in Anspruch nehmen zu können, ist nachzuweisen, dass die jeweilige energetische Maßnahme von einem Fachunternehmen ausgeführt wurde. Der Nachweis ist anhand einer Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens zu erbringen.
Die Aufwendungen, die durch die Ausstellung einer solchen Bescheinigung durch das Fachunternehmen oder durch den Energieberater entstehen, sind ebenfalls als energetische Maßnahmen steuerbegünstigt.
Energieberater
Zu den Aufwendungen für energetische Maßnahmen gehören auch die Kosten für Energieberater, soweit der Energieberater mit der planerischen Begleitung oder mit der Beaufsichtigung der energetischen Maßnahme(n) beauftragt wurde.
Damit die Aufwendungen für den Energieberater begünstigt (i.S.d. § 35c EStG) sind, muss dieser vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) als fachlich qualifizierter Berater zum Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“ zugelassen sein. Die Berücksichtigung von Aufwendungen für Energieberater, die als Energieeffizienz-Experten, für das KfW-Förderprogramm „Energieeffizient Bauen und Sanieren – Wohngebäude“ (KfW-Programme Nr. 151/152/153 und 430) gelistet sind, sind ebenfalls abzugsfähig.
Aktuelle Verwaltungsanweisungen
Das Bundesministerium für Finanzen hat mit Schreiben vom 31. März 2020 (Aktenzeichen IV C 1 – S 2296-c/20/10003) die amtlich vorgeschriebenen Muster der Bescheinigungen der ausführenden Fachunternehmen zum Nachweis der Erfüllung der Voraussetzungen des § 35c EStG veröffentlicht. Das BMF-Schreiben nebst den Bescheinigungen (Muster I und II) haben wir diesem Rundschreiben zu Ihrer Information und weiteren Verwendung beigefügt.
Die nachfolgenden Ausführungen richten sich demnach Fachunternehmer, die mit der Ausführung von energetischen Maßnahmen beauftragt werden. Bitte beachten Sie, dass wir mit den nachfolgenden Punkten ausschließlich den groben Inhalt des BMF-Schreibens aufzeigen. Bei weiterem Beratungsbedarf sowie bei Fragen sind wir gern für Sie da und kümmern uns individuell um Ihr Anliegen.
Das Fachunternehmen hat die amtlich vorgeschriebenen Muster I und II zu verwenden. Vom Inhalt, Aufbau und von der Reihenfolge der vorgegebenen Angaben darf grundsätzlich nicht abgewichen werden. Eine individuelle Gestaltung der Felder für die Bezeichnung des ausführenden Fachunternehmens sowie eine Ergänzung der Bescheinigungen um ein zusätzliches Adressfeld sind jedoch zulässig.
Die Musterbescheinigung des ausführenden Fachunternehmens (Muster I) ist von jedem ausführenden Fachunternehmen, welches die Anforderungen des § 2 der ESanMV (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung) erfüllt, zu verwenden.
Die Musterbescheinigung für Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 21 EnEV (Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden) (Muster II) ist von folgendem Personenkreis zu verwenden:
- Energieberater im Sinne der vom BAFA zugelassenen Energieberater für das Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude“,
- Energieeffizienz-Experten, die für das KfW-Förderprogramm „Energieeffizient Bauen und Sanieren Wohngebäude“ (KfW-Programme 151/152/153 und 430) gelistet sind sowie
- Alle weiteren Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 21 EnEV (z.B. aufgrund eines in
21 EnEV genannten berufsqualifizierenden Hochschulabschlusses in Verbindung mit einer Fortbildung im Bereich des energiesparenden Bauens).
In den jeweiligen Bescheinigungen sind die Art und die Kosten der jeweiligen energetischen Maßnahme grundsätzlich einzeln und in der Reihenfolge entsprechend des amtlichen Musters auszuweisen. Es ist jedoch grundsätzlich zulässig, weitere erforderliche Zeilen (z.B. in Muster I und II Tabelle V „Kosten der energetischen Maßnahme(n)“) hinzuzufügen. Ferner können die Muster um Erläuterungen ergänzt werden, sofern diese im Anschluss an das jeweilige amtliche Muster erfolgen und hiervon optisch abgesetzt werden.
Die jeweilige Bescheinigung kann dem Auftraggeber (oder bei entsprechender Bevollmächtigung: einem Dritten) auch in elektronischer Form übermittelt werden.
Werden energetische Maßnahmen an einem aus mehreren selbstgenutzten Eigentumswohnungen bestehenden Gebäude durchgeführt, ist grundsätzlich für jede Eigentumswohnung eine eigene Bescheinigung auszustellen.
Zusammenfassung / „kurz und knapp“
Mit § 35c EStG hat die Bundesregierung eine attraktive Alternative zur bisherigen Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen/haushaltsnahen Dienstleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen nach § 35a EStG geschaffen. Da die Steuerermäßigungen des § 35c EStG umfangreicher gestaltet sind als die Regelungen des § 35a EStG, ist mit einer steigenden Nachfrage nach der Steuerermäßigung des § 35c EStG ab dem Jahr 2020 zu rechnen.
Der Gesetzgeber hat jedoch nichts zu verschenken: Um in den Genuss der Steuerermäßigung zu kommen, müssen dem Finanzamt umfangreiche Nachweise vorgelegt werden. Durch das neue BMF-Schreiben vom 31. März 2020 werden hier insbesondere die leistenden Unternehmer/Handwerker (Fachunternehmer) sowie die Energieberater in die Pflicht genommen. Diese sollten (um der steigenden Nachfrage nach den steuerlich zutreffenden Bescheinigungen auf Kundenseite nachkommen zu können) Folgendes beachten:
- Bitte prüfen Sie vorab, ob Sie nach § 2 der ESanMV (Energetische Sanierungsmaßnahmen-Verordnung) oder nach § 21 EnEV (Verordnung über energiesparenden Wärmeschutz und energiesparende Anlagentechnik bei Gebäuden) ausstellungsberechtigt/zertifiziert sind. Bei Fragen sprechen Sie uns gern an.
- Erbringen Sie grundsätzlich Leistungen, die im Maßnahmenkatalog des § 35c EStG aufgeführt werden (siehe Punkte „Allgemein“ und „Energieberater“, oben) an einem zu privaten Wohnzwecken des Kunden / einem Dritten genutzten Objekt, das zu Beginn der Maßnahmen älter als 10 Jahre ist?
- Wurde mit den Maßnahmen nach dem 31. Dezember 2019 begonnen?
- Sofern 1.-3. erfüllt sind: Bitte vervollständigen Sie – zusammen mit Ihrem Auftraggeber – nach Beendigung der entsprechenden Maßnahmen die vom BMF zur Verfügung gestellte Bescheinigung („Muster I“ bei Zertifizierung nach § 2 der ESanMV; „Muster II“ in den Fällen des § 21 EnEV) und stellen Sie sie dem Auftraggeber oder einem bevollmächtigen Dritten (zusammen mit Ihrer (Schluss-)Rechnung zur Verfügung. Der Aufbau der Bescheinigungen ist grundsätzlich beizubehalten, leichte Anpassungen können jedoch vorgenommen werden (siehe „Aktuelle Verwaltungsanweisungen“).
- Hinsichtlich nachträglicher Änderungen einer Bescheinigung sowie Erleichterungen des Nachweises für die Mindestanforderung bei der Erneuerung der Heizungsanlage nach der ESanM verweisen wir auf den Inhalt des BMF-Schreibens.
-> Bitte beachten Sie, dass insbesondere die unter Punkt 1 aufgeführte Prüfung nach § 2 der ESanMV bzw. nach § 21 EnEV vorab erfolgen kann. Wir empfehlen, sich bereits vor Abschluss von entsprechenden Maßnahmen – oder in auftragsärmeren Zeiten – mit diesen Anforderungen auseinander zu setzen um im Bedarfsfall schnell handlungsfähig zu sein.
Bei Fragen zu den gesetzlichen Neuerungen des § 35c EStG und/oder zu den Ausführungen des BMF sind wir gern für Sie da.
Beste Grüße
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